Zehnte Serviceagentur eröffnet : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Seit dem 16. August 2005 steht nun auch den Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein eine Regionale Serviceagentur mit Rat und Tat zur Seite. Vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellten sich bei der feierlichen Eröffnung in der Ellerbeker Grundschule in Kiel den zahlreich erschienenen Interessierten vor.
Manchmal geht alles ganz schnell. Am 15. Juli 2005 trat Maren Wichmann ihre Stelle bei der Serviceagentur Schleswig-Holstein an. Bereits einen Monat später, am 16. August 2005, konnte die Mitarbeiterin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) rund 100 Interessierte begrüßen, die zur Eröffnungsveranstaltung der Serviceagentur in die Ellerbeker Grundschule in Kiel gekommen waren. "Wir wollten möglichst den Schwung des Schuljahresbeginns nutzen", begründete Maren Wichmann diesen "Kraftakt", der die Veranstaltung nach nur einem Monat ermöglichte.
Das Team für Schleswig-Holstein (v.l.): Dörte Peters, Michael Lorbeer-Andresen, Henning Braband und Maren Wichmann
Frau Wichmann ist eine von vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Serviceagentur Schleswig-Holstein, die am Institut für Qualitätsentwicklung an den Schulen Schleswig-Holsteins angesiedelt ist. Dörte Peters vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren arbeitet mit, vom Landesministerium für Bildung und Frauen sind Michael Lorbeer-Andresen und Henning Braband abgeordnet.
Dass neben der DKJS auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl des Bildungs- als auch des Jugendministeriums vertreten sind, ist kein Zufall. Im nördlichsten Land legt man Wert auf die Einbindung der Jugendhilfe in die Arbeit an Ganztagsschulen. DKJS-Geschäftsführerin Dr. Heike Kahl lobte in ihrer Ansprache in der Aula der Ellerbeker Schule die "systematische Verankerung der Jugendhilfe" und den "integrativen Aspekt".
25 Prozent aller Schulen Ganztagsschulen
Um die enge Verzahnung des Schul- mit dem Jugendhilfebereich zu dokumentieren,
war neben Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave auch die Ministerin für Familie und Jugend Dr. Gitta Trauernicht zur Eröffnungsveranstaltung gekommen
Vor den Reden der beiden Ministerinnen gab es allerdings erst mal einen lautstarken Ohrenschmaus zu hören, der für brasilianisches Flair im kühlen Norden sorgte: Die Sambagruppe des Förderzentrums Preetz und der Sambaschule Kiel ließen es mit ihren Instrumenten ordentlich krachen. "Die Musiker hatten Ohrstöpsel, wir nicht", scherzte Ute Erdsiek-Rave, als sie nach der Darbietung auf das Podium stieg und die musikalische Einlage als besonders gelungenes Beispiel einer Kooperation mit einem außerschulischen Partner würdigte.
Heizten den Zuhörern lautstark ein: Die Sambagruppe des Förderzentrums Preetz
Von der Sambagruppe über Schneiderwerkstatt, Hausaufgabenhilfe, Physikkurse bis zu Förderkursen von Migranten reiche das Spektrum der nachmittäglichen Angebote an Ganztagsschulen, seit sich Schleswig-Holstein vor drei Jahren aufgemacht habe, Ganztagsschulen zu fördern. "Zwar hat es schon vor Beginn des Investitionsprogramms ,Zukunft Bildung und Betreuung' (IZBB) des Bundes viele interessante Ganztagsschulen gegeben", so Ute Erdsiek-Rave, "aber erst mit den Bundesmitteln haben wir die Öffnung von Schulen in den Nachmittag hinein flächendeckend fördern können."
"Inzwischen ist nahezu jede vierte Schule in Schleswig-Holstein Ganztagsschule", erklärte die Ministerin. Neben 222 offenen Ganztagsschulen gebe es 23 gebundene Ganztagsschulen. Bei den gebundenen Ganztagsschulen handelt es sich um Gesamtschulen und je eine Schule jedes Schultyps. "Ich bin sicher, dass nach Ablauf des IZBB ein Drittel aller Schulen Ganztagsschulen sein werden", so Ute Erdsiek-Rave.
Besondere Förderung der Hauptschulen
Spitzenreiter bei den Ganztagsschulen sind die Hauptschulen, "eine Schulart, die derzeit besonders unter Druck steht", wie es die Bildungsministerin formulierte. 45 Prozent aller Hauptschulen seien Ganztagsschulen. "An diesen Schulen passiert sehr viel, und es wird sehr engagiert gearbeitet", erklärte die Ministerin und erntete den Applaus der Zuhörerschaft. Wegen der schweren arbeitsmarktpolitischen Lage habe man sich bewusst dafür entschieden, den Schwerpunkt des Ganztagsschulausbaus auf die Hauptschulen zu setzen.
Ute Erdsiek-Rave
"Ganztagsschulen sind ein Erfolgsmodell - quantitativ wie qualitativ", meinte Ute Erdsiek-Rave. "Das quantitative Mehr ist wichtig, aber die Qualität ebenso. In Ganztagsschulen gibt es mehr Raum für Bildung und Erziehung im ganzheitlichen Sinne. Lehrerinnen und Lehrer nehmen diesen Ball auf, um ihre Schulen zu Häusern des Lernens zu gestalten." Wichtig sei auch das Engagement der Vereine und Verbände, das sich in vielen Kooperationsvereinbarungen niedergeschlagen habe: "Aus dem ,Man könnte mal.' ist ein ,Wir machen es' geworden." Auch verschiedene Schularten würden zusammenarbeiten. Wesentlich intensiver sei auch der Kontakt zwischen den Schulen und Schulträgern geworden.
"Unser Ziel muss es jetzt sein, dass noch mehr Schulen mitmachen und wir bei sparsamen Mitteleinsatz möglichst viel erreichen", erklärte Ute Erdsiek-Rave. Dabei könnte die Serviceagentur Schleswig-Holstein helfen. Sie sammle Erfahrungen und gebe diese weiter, organisiere Fortbildungen, erstelle Handreichungen und Materialen. "Wir hoffen, dass wir durch diese Koordination und Unterstützung auch diejenigen für Ganztagsschulen begeistern, die es nötig haben, aber nicht unbedingt von selbst am Besuch an einer Ganztagsschule interessiert sind. Hier liegen auch schon Erfahrungen aus anderen Bundesländern vor, wie man dies verbessern kann."
Bemerkenswerte Annäherungsprozesse zwischen Schule und Jugendhilfe
Anschließend versprach Dr. Gitta Trauernicht, dass "Jugend- und Familienhilfe ihren Beitrag leisten werden, um die Ziele eines gelingenden Aufwachsens und der Förderung sozial Benachteiligter in Ganztagsschulen zu gewährleisten." Die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Schule und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein sei einmalig. "Diese Zusammenarbeit ist notwendig, aber nicht immer selbstverständlich", so die Jugendministerin. "Die Ganztagsschulen erhöhen die Anforderungen an die Jugendhilfe, die diese Chance begreift, sich flächendeckend einzubringen."
Dr. Gitta Trauernicht
Mit Unterricht allein ließen sich die heutigen Bildungsanforderungen nicht mehr bewältigen. "Die Tradition der Halbtagsschule und der privaten Erziehung haben zu den miserablen PISA-Ergebnissen beigetragen und die Bundesrepublik zu einem unmodernen Staat gemacht", konstatierte Gitta Trauernicht. Diese Sichtweise deckte sich offenbar mit der des applaudierenden Plenums.
Jetzt gebe es dank der Ganztagsschule erstmalig in Kooperation mit der Jugendhilfe außerschulische Lernprozesse im Verantwortungsbereich von Schule. "Auch hier sehe ich bemerkenswerte Annäherungsprozesse, die uns weiter voranbringen", sagte die Ministerin. Besonders wichtig sei das neue Zusammenspiel unterschiedlicher Lernorte. "Lern- und Lebenswelt zusammenzubringen, führt auch zu einem erfüllteren Leben. Die Serviceagentur kann dabei den Anstoß für vielfältige, neue Angebote bieten."
Vorbildliche Vernetzung
Für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung ergriff Heike Kahl das Wort. "Wir haben kein Wissens-, sondern ein Transferproblem in Deutschland", meinte die DKJS-Geschäftsführerin. "Wenn manchmal Schulen, die 150 Meter auseinanderliegen, nichts voneinander wissen, wie sollen sie dann von Schulen in anderen Ländern wissen? Der Mehrwert für die Länder ist es, dass die Serviceagenturen dieses Wissen nutzbar machen und Vernetzung organisieren." Dass es jetzt schon zehn Serviceagenturen in den Ländern gebe, zeige das große Interesse in den Ländern. "Ich rechne damit, dass wir letztlich in 14 Ländern Serviceagenturen einrichten werden."
Dr. Heike Kahl
Als "sehr beeindruckend" lobte Heike Kahl, dass es in Schleswig-Holstein gelungen sei, die formalen Kriterien der Kultusministerkonferenz für Ganztagsschulen qualitativ zu übersetzen: Die Vernetzung von Vor- und Nachmittag sei vorbildlich, ebenso die Einbindung der Jugendhilfe in die Schule, die nicht nur als punktuelle Dienstleister verstanden werden.
Als abschließende Rednerin trat die heimliche Hauptperson ins Rampenlicht: Maren Wichmann stellte sich und ihr Team vor und gab einen Ausblick auf die Arbeit ihrer Serviceagentur, die auf der Kooperationsvereinbarung von März 2005 fußt. Neben den schon erwähnten Maßnahmen führte die DKJS-Mitarbeiterin aus, dass man den gegenseitigen Besuch von Schulen einfädeln, gemeinsame Projekte initiieren und die Kontakte von Schulen mit ihren außerschulischen Partnern herstellen und unterstützen wolle. "Wir identifizieren Beispiele guter Praxis und geben Schulen Gelegenheit, ihren Entwicklungsprozess zu reflektieren und öffentlich darzustellen", erklärte Maren Wichmann.
Den Abschluss ihres ersten "Arbeitstages" bildete wie der Beginn Musik: Die Schulband der Ellerbeker Schule spielte auf und begleitete wie die vielen guten Wünsche das Serviceagentur-Quartett in den Beginn seiner Tätigkeit.
Kategorien: Service
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