Wie eine Ganztagsschule in Berlin-Wilmersdorf wächst : Datum: Autor: Autor/in: Peer Zickgraf
Am 15. Dezember 2003 wurden die neuen Ganztagsräume der Cäcilien-Grundschule von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn und dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit offiziell eingeweiht. Es ist eine der ersten Ganztagsgrundschulen, die mit Hilfe des Bundesinvestitionsprogramms gefördert wurde, und es ist eine Schule, die mit dem Umbau Maßstäbe gesetzt hat."Bitte passen Sie gut auf, denn die Kinder wollen mit Ihnen gemeinsam tanzen." Als Bundesministerin für Bildung und Forschung Edelgard Bulmahn, der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und Schulsenator Klaus Böger am Montagmittag den prächtigen Lichthof der Cäcilien-Grundschule betreten, werden sie dort auch von Katharina und Denis begrüßt. Denis, 12 Jahre, hält die Begrüßungsrede zur Einweihung der neuen Ganztagsgrundschule: "Wir begrüßen Sie in unserer neuen Grundschule. Wir freuen uns über Ihren Besuch und wünschen einen interessanten Aufenthalt. Schülerinnen und Schüler der 1. Klassen haben einen Tanz gelernt".
Tanz mit den ABC-Schützen
Bei rhythmischer Musik setzt sich die bunte Kinderschaar in Bewegung und tanzt im Uhrzeigersinn und in geübter Zweierformation wie ein Karussell um den Weihnachtsmann. Dann nehmen die ABC-Schützen Edelgard Bulmahn und Klaus Wowereit bei der Hand und tanzen mit ihnen in dem weihnachtlich beleuchteten Innenhof der Schule. Der Funke dieser Begrüßung springt auch auf viele Umherstehende über, die nun ebenfalls eine Kinderhand ergreifen und mitgezogen werden von der Begeisterung.
Tanz mit Bulmahn und Wowereit
Die neuen Ganztagsräume einer besonderen Ganztagsschule, die "Cäcilien-Grundschule" in Berlin-Wilmersdorf, werden eingeweiht. Die Schule, die 1909 und 1910 im Stil der Gründerzeit mit Elementen der deutschen Renaissance erbaut wurde, beeindruckt schon durch ihre symmetrische Fassade und ihren roten Sandstein. Sie ist organisch im Stadtviertel eingebettet und für viele Schüler nur einen Fußweg entfernt. Sie war auch Kulisse für die Verfilmung von Erich Kästners "Emil und die Detektive".
Mittagszeit ist Essenszeit - für die Kinder und manchmal auch für die ausgebuchten Politiker: Vergnügt setzen sich Ministerin Bulmahn, Bürgermeister Wowereit und Senator Böger an einen Tisch mit den Erstklässlern, umringt von Fotografen und mitten im Blitzlichtgewitter. Es gibt Milchreis. Das Essen wird übrigens von einer Einrichtung zubereitet, die Personen beschäftigt, die zuvor erwerbslos waren.
"So viel Geld für unsere Schule"
Im Nachbarraum ist es ruhiger. Hier sitzt Denis mit Kathrin sowie Reki und Sven von der Schülerpresse. Wenige Schritte vom Tisch mit den Besuchern entfernt können sie in Ruhe ihre belegten Käse- und Wurstbrötchen essen. Dabei sind sie den großen Bahnhof schon ein bisschen gewöhnt: "Am 28. Oktober war Bundespräsident Rau bei uns schon zu Besuch", sagt Denis. Er redet mit einer Lockerheit, die erstaunen lässt. Nicht anders seine drei Schulkameraden, als sie über die Kosten und die Vorteile der neuen Ganztagsgrundschule reden. "Allein die neue Einrichtung der Schule hat mehrere tausend Euro gekostet, wie mir meine Mutter gesagt hat. Ich finde es schön, dass so viel Geld für unsere Schule investiert worden ist", sagt Sven.
In der Schulkantine
Die Cäcilien-Grundschule ist seit dem Schuljahr 2003/04 eine der ersten neuen Ganztagsgrundschulen und die erste in Wilmersdorf überhaupt, die von den Mitteln des Investitionsprogramm der Bundesregierung "Zukunft Bildung und Betreuung" profitiert.
Berlin - ein Vorreiter in Sachen Ganztagsschulen
In Berlin hat der Ausbau der Ganztagsgrundschulen starken Rückenwind: "In ganz Berlin bieten über 30 Prozent aller Schulen ein Ganztagsangebot an", so Sabine Aursch von der Senatsverwaltung. Darunter seien 172 öffentliche und drei private Grundschulen mit ca. 22.000 Schülerinnen und Schülern. Außerdem gäbe es bereits 18 öffentliche und drei private Grundschulen in gebundener Form in den ehemaligen Westbezirken Berlins. Bis Ende 2006 sollen 30 zusätzliche Ganztagsschulen in gebundener Form in Berlin eingerichtet werden. Schule in gebundener Form bedeutet, dass die Kinder den ganzen Tag und verbindlich am pädagogischen Angebot teilnehmen. Aus dem Bundesinvestitionsprogramm stehen dem Land Berlin bis 2007 insgesamt ca. 147 Mio. Euro zur Verfügung. Von 2004 bis 2006 erhält Berlin pro Jahr jeweils 36,7 Mio. Euro und 2007 noch einmal 25, 9 Mio. Euro. Für den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sind Mittel in Höhe von 5,5 Mio. Euro für zehn neue Ganztagsgrundschulen vorgesehen. Die Cäcilien-Grundschule bekommt für die Baumaßnahmen und die Ausstattung der Schule insgesamt 1.19 Mio. Euro - 930.000 Euro für Baumaßnahmen und 265.000 Euro für die Ausstattung. Davon kommen 1.07 Mio. Euro aus den IZBB-Bundesmitteln.
Wie Ganztagsschulen wachsen
Der Cäcilien-Grundsschule, mit ihren großen und hohen Räumen hat der Umbau gut getan. Die neu gestalteten Räumlichkeiten erfüllen nun auch einen pädagogischen Zweck: Räume zum Lernen wechseln ab mit Räumen zum Essen, zum Entspannen und zum Bewegen. Von diesen Räumlichkeiten profitieren zunächst nur die Erstklässler, doch die Schule will mit jedem neuen Schuljahr ,hoch wachsen', das heißt pro Schuljahr wird das Ganztagsangebot um eine Jahrgangsstufe mit jeweils drei Klassen erweitert. "Im Augenblick haben wir 128 Kinder im Ganztagsbetrieb und insgesamt 441 Schülerinnen und Schüler", sagt Marianne Könnecke, die Schulleiterin. Das verpflichtende Ganztagsangebot, von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr ist bis auf das Mittagsessen kostenfrei.
Es wird von einem Kollegium getragen, das aus 26 Lehrkräften, zwei Vorklassenleiterinnen, drei Pädagogen für Religion und Lebenskunde und acht Erzieherinnen besteht. Viele haben die Ärmel hochgekrempelt und bei dem Ausbau der Schule mitgeplant und auch selbst mitgearbeitet, um die Umbauarbeiten auf Trab zu bringen. Ohne die gemeinnützige Straffälligen- und Bewährungshilfe wäre die Umgestaltung der Schule aber nicht so schnell vonstatten gegangen. Nun besitzen Lehrkräfte und Erzieher eigene Arbeitsräume zur Vorbereitung ihres Unterrichts, und darüber hinaus gibt es neue Verwaltungsräume. Den Kindern stehen in jeder Klasse Computer zum Lernen zur Verfügung.
Aufbruchstimmung in der Cäcilien-Grundschule
Die Aufbruchstimmung in der Cäcilien-Grundschule scheint auch Bulmahn, Wowereit und Böger erfasst zu haben, denn trotz ihres engen Terminkalenders nehmen sie sich Zeit für Gespräche und würdigen das für sie entwickelte Festprogramm. So beispielsweise beim Besuch des nächsten Gebäudetraktes. Hier ziehen sie blaue Schonbezüge über ihre Schuhe, um den neu ausgelegten Boden des Multifunktionsraums zu schützen.
Denis, Sven und Reki auf dem Wasserbett
Die Ruheräume, die Bulmahn und Wowereit nun besuchen, sind abgedunkelt, und das Zusammenspiel aus Licht, Farben und Musik schafft ein wohltuendes Ambiente. Erstklässler mit Nikolausmützen, die diese Räume später nutzen werden, führen hier mit ihrer Lehrerin ein kleines Stück auf. Auch Denis, Sven und Reki tauchen auf: Sie gehen in dem Nebenraum und werfen sich auf das blubbernde Wasserbett. Einmal die Gelegenheit nutzen und wie die ABC-Schützen im "Snoezelen"- Raum abtauchen, jener Welt, in der Kinderträume und eine gesteigerte Wahrnehmung gedeihen. In jeder guten Ganztagsschule ist die Abwechslung von Lern- und Entspannungsphasen ein wichtiges Fundament im pädagogischen Konzept. Das Konzept für die Lern- und Freizeitphasen sowie für Essens- und Ruhetakte planen die Lehrkräfte gemeinsam mit den Erzieherinnen, und sie setzen es in festen Kooperationszeiten gemeinsam um.
Das lebendige Netzwerk Ganztagsschule
Letzte Station der offiziellen Einweihung ist die neue Bibliothek der Cäcilienschule. In der großzügigen Bibliothek stehen viele Regale, die bisher noch halb gefüllt sind mit Büchern für die größeren und kleineren Kinder der Schule, beispielsweise ein Anne Frank-Buch, "Das tapfere Schneiderlein" oder viele Tierbücher. Es gibt außerdem eine Couch-Ecke und Tische zum Lesen oder Lernen. Heute ist aber die Bibliothek dem Pressegespräch vorbehalten.
"Wir brauchen gute Beispiele aus der Praxis und deshalb hoffe ich, dass diese Schule Vorbildcharakter hat", sagt Bundesministerin Edelgard Bulmahn. "Ich freue mich, dass Berlin bei dem bundesweiten Aus- und Aufbau von Ganztagsschulen die Nase vorn hat", ergänzt die Ministerin. Mit den Mitteln aus dem Bundesinvestitionsprogramm sei eine bessere Förderung jedes einzelnen Kindes möglich, so Bulmahn weiter. "Ich wünsche Ihnen, ja ich hoffe, dass die Träume, die die Kinder haben, auch in Erfüllung gehen".
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kaus Wowereit bekräftigt: "Ich freue mich, dass Berlin trotz der schwierigen Finanzlage mit zu den Vorreitern bei der Umsetzung des Bundesprogramms gehört". Berlin wolle den Eltern eine gesicherte Betreuung für ihre Kinder anbieten und den Schülerinnen und Schülern einen besseren Unterricht geben. Auch Bildungssenator Klaus Böger betont den Vorbildcharakter der Cäcilien-Grundschule: "Wir wollen diese Schule nicht als Vorzeigehülse, sondern wir wollen sie als Projekt."
Die Vertreterin des Fördervereins der Schule gibt die Anerkennung zurück: "Ich bin dem Bund dankbar, dass wir das Geld bekommen haben, um unser Konzept umzusetzen". Das pädagogische Konzept der Schule sieht eine enge Vernetzung auch mit den externen Partnern vor, wie Sportvereine, dem Seniorenheim um die Ecke oder der Volkshoch- und Musikschule, die im gleichen Gebäude mit der Schule untergebracht sind. Hier stehen laut Curt Maurer, dem vielgelobten Hausmeister der Schule, "vor allem die Kinder im Vordergrund."
Die Wünsche der Kinder
Nach der Einweihung
Es ist Vincent, der Edelgard Bulmahn nach ihrer Dankesrede an die vielen Beteiligten beim Umbau der Cäcilien-Grundschule einen selbstgebastelten Weihnachtsmann aus rotem und weißem Papier an einem Stock schenkt. Und Denis, der den Mut gefunden hat, seine weiteren Wünsche vorzubringen: "Wir haben eine zu kleine Sporthalle und möchten noch etwas mehr mitsprechen und gehört werden."
Kategorien: Service
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