Schleswig-Holstein: Konzept für mehr gebundene Ganztagsschulen steht

Mit erheblichen Investitionen für Personal, neue gebundene Ganztagsschulen, Schulbau, Kita- und Krippenplätze in den kommenden beiden Jahren stärkt das Land die Bildung in Schleswig-Holstein. "Es kann kein Zweifel bestehen, dass Schleswig-Holstein es ernst meint mit dem Schwerpunkt Bildung. Das spiegelt sich neben den grundlegenden strukturellen und inhaltlichen Reformen auch im Doppelhaushalt 2009/10 wider. Wir wissen: Das wichtigste Potenzial, das unser Land hat, sind die jungen Menschen, die hier leben. In ihre Bildung und damit in ihre Chancen müssen wir investieren. Und das tun wir in großem Umfang", sagt Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave.

"Mehr als 1.100 neue Lehrerstellen, über 140 Millionen Euro für Schulbau, mehr als 60 Millionen Euro für mehr Krippenplätze und 50 Millionen Euro für das beitragsfreie Kita-Jahr allein in den kommenden beiden Jahren sprechen für sich."

Allein für die Errichtung neuer gebundener Ganztagsschulen stelle das Land 100 zusätzliche Lehrerstellen bereit, so die Ministerin weiter. Nach dem vorgestellten Konzept sollen damit etwa 20 Schulen (die endgültige Zahl hängt von den Schulgrößen ab) mit hoher Problemdichte und entsprechend besonderem Förderbedarf in gebundene Ganztagsschulen umgewandelt werden können. "Diese neuen Schulen haben montags bis donnerstags ein achtstündiges und freitags ein fünfstündiges Angebot. Mit diesen verpflichtenden ganztägigen Angeboten haben diese Schulen größere Spielräume für die individuelle Förderung und damit gute Voraussetzungen, den Bildungserfolg aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen."

Als Start vorgesehen sind die Schuljahre 2009/10 oder 2010/11. Der Ganztagsbetrieb startet dann in der 1. und 2. Jahrgangsstufe in den Grundschulen oder in der 5. Klasse der weiterführenden Schulen und wächst dann auf. Die gebundene Ganztagsschule ist für die Schülerinnen und Schüler kostenfrei (mit Ausnahme des Mittagessens) und im Gegensatz zur Offenen Ganztagsschule verbindlich. Das Bildungsministerium unterstützt den Aufbau neuer gebundener Ganztagsschulen sowohl durch Lehrerstellen als auch Zuschüsse zu den Betriebskosten. Pro Lerngruppe erhalten die Schulen sechs Lehrerwochenstunden zusätzlich. Um den Ganztagsbetrieb zu organisieren, gibt es noch einmal zwei Lehrerwochenstunden je Schule. An den Betriebskosten beteiligt sich das Land mit 350 Euro im Jahr pro Lerngruppe und Stunde.

Die Ministerin wies darauf hin, dass die erfolgreiche Umsetzung einer gebundenen Ganztagsschule nur in enger Zusammenarbeit zwischen dem jeweiligen Schulträger und dem Land zu erreichen sei. "Wir tragen gemeinsam die Verantwortung dafür, allen Schülerinnen und Schülern gute Lernbedingungen zu ermöglichen. Deshalb erwarten wir auch von den Kommunen, dass sie sich in ihren gebundenen Ganztagsschulen engagieren." Die jeweilige Kommune als Schulträger beteiligt sich pro Woche mit mindestens einer Zeitstunde für Fachpersonal je Lerngruppe und an den Betriebskosten im selben Umfang wie das Land. Dies sei mit den Kommunalen Landesverbänden abgestimmt.

Ein Schulträger, der eine gebundene Ganztagsschule einrichten will, kann beim Bildungsministerium einen entsprechenden Antrag stellen. Anträge können gestellt werden für alle Grundschulen und öffentlichen allgemein bildenden Schulen mit Sekundarstufe I, sofern diese folgende Kriterien erfüllen:

   1. Der Standort beziehungsweise der Einzugsbereich der Schule muss in einem sozialen Brennpunkt liegen.
   2. Die Schule muss einen hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund haben.

Zudem müssen unter anderem ein Organisationsplan und ein Pädagogisches Konzept für den Ganztagsbetrieb vorgelegt werden. Für einen Start zum Schuljahr 2009/10 muss ein Antrag bis zum 4. Mai 2009 eingegangen sein. Das Ministerium entscheidet dann innerhalb eines Monats darüber, damit die Schulträger rechtzeitig Planungssicherheit haben. Zum Schuljahr 2010/11 soll eine Interessenbekundung ebenfalls bis zum 4. Mai 2009, der vollständige Antrag bis zum 11. Januar 2010 vorliegen. Erdsiek-Rave: "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit dem Ausbau der gebundenen Ganztagsschulen die Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler nachhaltig verbessern. Dazu tragen auch die mehr als 400 bestehenden Offenen Ganztagsschulen bei."

Vor dem Hintergrund besserer Lernbedingungen fördere das Land künftig auch die Mittagsbetreuung im verkürzten Bildungsgang (G8) an Gymnasien. Dafür seien im Doppelhaushalt 2009/10 rund eine Million Euro vorgesehen. "Bei G8 werden Schülerinnen und Schüler an bis zu zwei Tagen auch nachmittags unterrichtet. An diesen Tagen sollen sie in der Mittagspause betreut werden. Dazu gehören zum Beispiel Lese- oder Sportangebote. Das fördert auch den Lernerfolg am Nachmittag", sagte die Ministerin. Deshalb solle ab kommendem Schuljahr eine für die Schülerinnen und Schüler kostenfreie Betreuung in den G8-Klassenstufen gewährleistet sein. "Das heißt, die Mittagsbetreuung startet zunächst in den Klassenstufen 5 und 6 und wächst dann jahrgangsweise bis zur Klassenstufe 9 auf."

Gefördert werden bis zu zwei Stunden Betreuung wöchentlich je Lerngruppe. Das sind jährlich bis zu 700 Euro pro Klasse. Die Einzelheiten der Förderung werden in einer Richtlinie geregelt. Für das Schuljahr 2009/10 können die jeweiligen Träger der Mittagsbetreuung an den Gymnasien (zum Beispiel Schulträger, Elternvereine) die Förderung bis zum 31. Mai 2009 beantragen. "Damit unterstützen wir die Gymnasien bei der Umsetzung von G8 nun auch bei der Mittagsbetreuung", sagte Erdsiek-Rave. Bei der Unterrichtsentwicklung hin zu mehr individueller Förderung können die Schulen ohnehin bereits auf Fortbildungen, organisierten Erfahrungsaustausch und Schulentwicklungstage zurückgreifen.

Für "eine gute Entscheidung" hält die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Plan der Bildungsministerin, den Ausbau gebundener Ganztagsschulen zu forcieren. "Gebundene Ganztagsschulen bieten bessere Voraussetzungen für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern als die herkömmliche Halbtagsschule. In einem rhythmisierten Ganztagsschulkonzept lassen sich Lern- und Erholungsphasen pädagogisch sinnvoll abwechseln", sagte der GEW-Landesvorsitzende Matthias Heidn. Jedoch müssten die Schulen auch entsprechend ausgestattet sein.

Matthias Heidn richtete an die Bildungsministerin den Wunsch, den Ausbau gebundener Ganztagsschulen noch konsequenter voranzutreiben. "Wir brauchen einen Stufenplan für die Umwandlung aller Schulen der Sekundarstufe I in gebundene Ganztagsschulen. Im Augenblick ist es so, als ob unterm Tannenbaum nur für eins von sechs Kindern ein Geschenk bereit liegt. Die anderen dürfen traurig in die Röhre gucken!" Von in Zukunft rund 300 Schulen der Sekundarstufe I wären nach den gegenwärtigen Plänen nur ungefähr 50 gebundene Ganztagsschulen.

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