Gut beraten in die Ganztagsschule : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Die Bayerische Sportjugend im Bayerischen Landes-Sportverband möchte, dass Vereine für die Kooperation mit Ganztagsschulen gut beraten werden. BSJ-Bildungsreferentin Birgit Dethlefsen zieht eine Zwischenbilanz.

Sport
© Bayerische Sportjugend im BLSV e.V.

Online-Redaktion: Seit gut einem Jahr unterstützt die Bayerische Sportjugend im Bayerischen Landes-Sportverband mit ihrer BSJ-Agentur „Sport im Ganztag“ bayerische Vereine auf dem Weg zu Kooperationen mit Ganztagsschulen. Wer verbirgt sich hinter der Agentur?

Birgit Dethlefsen: Die Bayerische Sportjugend hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Vereine zur Zusammenarbeit mit Ganztagsschulen zu motivieren und sie dabei zu unterstützen. Dabei wollen wir das Know-how eines erfahrenen Kooperationspartners im Ganztag nutzen. Der ISB Schweinfurt als Mitgliedsverein des Landes-Sportverbandes ist seit zehn Jahren im Ganztag tätig und verfügt daher über ein enormes Erfahrungsportfolio. Er weiß um die positiven Auswirkungen, kennt aber auch die Hürden, die es zu überwinden gilt. Dies alles haben wir uns gesichert, indem wir einen Vertrag mit dem Verein geschlossen und ihn als unseren externen Berater für andere Vereine engagiert haben.

Online-Redaktion: Bevor wir auf Ihre Leistungen zu sprechen kommen: Was war der Ausgangspunkt, dass sie als Sportjugend diesen Schritt gegangen sind?

Dethlefsen: Wir haben festgestellt, dass bei der Kooperation zwischen Sportvereinen und Ganztagsschulen in Bayern noch sehr viel Luft nach oben ist. Rund 50 Prozent der 4.500 allgemeinbildenden Schulen in unserem Bundesland sind im offenen und gebundenen Ganztag aktiv. Die allermeisten Ganztagsschulen setzen dabei auf Sportangebote. Die Schulleitungen wissen einfach um die wichtigen Eigenschaften von Sport und Bewegung, auch als körperliches Ventil zum kognitiv geprägten Lernalltag. Doch nur in zehn Prozent der Kooperationen engagieren sich Sportvereine. Unser Ziel ist es, noch deutlich mehr qualifizierten Sport in die Schulen zu bringen. Auf diesem Weg möchten wir unseren Vereinen unter die Arme greifen.

Online-Redaktion: Welchen Beitrag leistet dazu die Agentur „Sport im Ganztag“?

Birgit Dethlefsen
Birgit Dethlefsen © Bayerische Sportjugend im BLSV e.V.

Dethlefsen: Vereine, die sich für die Ganztagsschulen öffnen wollen, die Beratung und Unterstützung wünschen, melden sich bei uns. Anschließend analysiert die Agentur in einem circa einstündigen Telefoninterview den Verein. Es werden die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten erörtert. Nach diesem Austausch schätzt die Agentur die Chance einer erfolgreichen Kooperation zwischen Verein und Ganztagsschule anhand einer Art Punkte- oder Notensystem ein.

Der Landes-Sportverband entscheidet dann, ob der Verein die für ihn kostenfreie Beratung erhält. Es geht bei der Bewertung nicht nur darum, dass der Verein bereits optimale Startbedingungen präsentieren kann. Entscheidend ist beispielsweise auch, wie motiviert der Verein ist, sich weiterzuentwickeln und die dazu notwendigen Schritte zu tun.

Online-Redaktion: Was geschieht, wenn ein Verein den Zuschlag erhält?

Dethlefsen: Wir vereinbaren dann mit ihm eine Absichtserklärung. Darin wird festgehalten, was die Sportjugend und was der Verein leistet. Wir bieten die kostenfreie Unterstützung, der Verein verpflichtet sich beispielsweise, diese zeitnah in Anspruch zu nehmen. Es geht darum, sicherzustellen, dass eine solche Unterstützung eben nicht nur als „nice to have“, sondern als Auftrag, sich mit Hilfe dieses Beratungsgutscheins weiterzuentwickeln, verstanden wird.

Online-Redaktion: Welche Leistungen beinhaltet der Gutschein?

Dethlefsen: Wir wollten zusätzlich zu unseren allgemeinen Informationsabenden eine individuelle Beratung. Denn jeder unserer knapp 12.000 Vereine ist so etwas wie ein Individuum mit ganz speziellen Ausgangslagen, Möglichkeiten und Zielen. Darum beginnt die Unterstützung unserer Agentur mit einem zweitägigen Coaching. Das kann man tatsächlich mit einer Unternehmensberatung vergleichen: Ein Coach trifft sich mit den wichtigsten Vereinsvertreterinnen und -vertretern. In diesem intensiven Gedankenaustausch geht es aber nicht nur um ein Engagement im Ganztag, sondern auch um die globalere Frage der Vereinsentwicklung.

Britta Hüning
© Britta Hüning

Online-Redaktion: Das heißt, am Ende des Coachings kann auch die Erkenntnis stehen, dass der Ganztag für den Verein noch nicht das Richtige ist?

Dethlefsen: Ziel unseres Engagements und der Zusammenarbeit mit der Agentur ist und bleibt natürlich der Ausbau der Kooperation zwischen Sportvereinen und Ganztagsschulen. Dennoch kann das Coaching manchmal auch andere Möglichkeiten der Weiterentwicklung aufzeigen. Wir wissen, dass der Beratungs- und Unterstützungsbedarf mitunter besonders dann groß wird, wenn es in die Praxis, also die Realisierung der Zusammenarbeit geht. Deshalb steht die Agentur den Vereinen fortlaufend zur Seite. Oft ergeben sich Fragen und Herausforderungen aus dem Miteinander der Experten. Dahinter verbergen sich ja immer Menschen. Und die sind höchst unterschiedlich, deshalb kann es nicht die eine Patentlösung für alle geben.

Online-Redaktion: Welche Stolpersteine auf dem Weg zu gelingenden Kooperationen haben Sie ausgemacht?

Dethlefsen: Für die Vereine ist das sicher die Personalproblematik. Wie können sie die von Schulen erwartete Langfristigkeit und Zuverlässigkeit gewährleisten? Viele suchen daher Unterstützung von Freiwilligendiensten oder wollen einen hauptamtlichen Trainer oder Sportlehrer engagieren.

Online-Redaktion: Das kostet Geld...

Dethlefsen: Da liegt doch gerade auch eine große Chance für die Vereine. Durch das Engagement in der Ganztagsschule können sie einen Teil des Hauptamts refinanzieren. Für viele stellt das eine große Chance der Vereinsentwicklung dar. Eine Perspektive, die der Ganztag öffnet, was häufig eine noch größere Bedeutung als der eventuelle Gewinn neuer Mitglieder hat.

Online-Redaktion: Können und sollten Vereine sich in Ganztagsschulen auch jenseits von Sportangeboten engagieren?

Dethlefsen: Die originäre Aufgabe unser Vereine ist natürlich der Sport. Doch die aktuelle Praxis zeigt, dass beispielsweise Freiwilligendienstleistende im ganzen Ganztagsprogramm gerne eingesetzt werden, in der Mittagspause auf dem Pausenhof, als Unterstützung beim Mittagessen oder in der Hausaufgabenbetreuung.

Online-Redaktion: Auf welche Resonanz stößt Ihr Beratungsangebot bislang?

Badminton
© Britta Hüning

Dethlefsen: Man darf jetzt nicht von heute auf morgen Wunderdinge erwarten. Wenn wir jährlich 15 bis 20 neue Vereine erreichen, dann haben wir unser Ziel, für das wir eine intensive Kommunikationsoffensive gestartet haben, erreicht.

Online-Redaktion: Gibt es Unterschiede in städtischen und ländlichen Regionen?

Dethlefsen: Der Ganztag ist schon in städtischen Regionen deutlich stärker ausgeprägt und entwickelt als in ländlichen Regionen. Aber was die Kooperationsbereitschaft von Vereinen angeht, so stammen die bisherigen Interessenten aus allen Regierungsbezirken! Wir sind deswegen fest überzeugt, dass wir am Anfang einer erfolgreichen und intensiven Vereinstätigkeit in Ganztagsschulen stehen.

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