Bad Bramstedt - Bildungsnetzwerk für alle Bürgerinnen und Bürger : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Kommunen sind längst Impulsgeber beim Ausbau von Ganztagsangeboten. In unserer Serie zum Jahreswechsel stellen wir 16 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor. Heute: Hans-Jürgen Kütbach aus Bad Bramstedt.

Wenn Hans-Jürgen Kütbach gebeten wird, die Entwicklung „seiner“ Stadt zu einer lokalen Bildungslandschaft mit vernetzten Ganztagsangeboten darzustellen, beginnt er seine Schilderung mit der Situation vor zwölf Jahren. Den Anfang des Jahrtausends sieht der Bürgermeister der knapp 14.000 Einwohner zählenden Stadt als Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die andere durchaus als beispielhaft einstufen. Initiiert durch den damaligen ehrenamtlichen Vorsitzenden des kommunalen Bildungsausschusses, Rainer Simon, feierte man als ein Ergebnis der Schulentwicklungsplanung die Geburtsstunde eines örtlichen Bildungsrates. Örtlich bedeutet im Verständnis der Verantwortlichen, den Blick zu werfen auf die Entwicklung in Bad Bramstedt, aber auch seine kleineren Nachbargemeinden Hitzhusen, Weddelbrook, Bimöhlen, Föhrden-Barl, Heidmoor, Fühlendorf, Mönkloh und Wiemersdorf. „Im Bildungsrat schlossen sich nahezu alle Institutionen und Personen zusammen, die mit Bildung zu tun haben“, erinnert sich Kütbach.

„Der örtliche Bildungsrat war der Humus für die Ganztagsschulentwicklung“

Porträt Kütbach
Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach © Hans-Jürgen Kütbach

Mit Zufriedenheit stellt er fest: „Schon damals war allen klar, dass wir nicht ein weiteres Gremium schaffen wollten, in dem hehre Ziele definiert, viel geredet und wenig gehandelt wird. Wir wollten, dass die Zusammenarbeit enger und die Trägerlandschaft der Schulen bereinigt werden. Wir wollten ein Bildungsnetzwerk schaffen, von dem alle Bürgerinnen und Bürger profitieren“, erinnert er sich. Hans-Jürgen Kütbach ist überzeugt: „Der örtliche Bildungsrat war der kreative Humus aus dem auch unsere Ganztagsschulentwicklung gewachsen ist.“ Er leistete die gedankliche Vorarbeit für die erste Offene Ganztagsschule in Bad Bramstedt. Eine der besonderen Art. Denn die damals noch eigenständigen Schulformen Hauptschule und Realschule – heute sind sie eine Gemeinschaftsschule – warfen die durchaus vorhandenen Bedenken über Bord und eröffneten 2006 ein gemeinsames Ganztagsprogramm. „Eine Herausforderung“, sagt der Bürgermeister heute. Schließlich waren die beiden Schulen nicht nur räumlich getrennt. „Sie waren es auch in den Köpfen.“ Organisiert wurde das Angebot vom Bad Bramstedter Kinderschutzbund, der bereits seit den 1990er Jahren ein kleines OGS-Angebot, den „pädagogischen Mittagstisch“, für maximal 30 Schülerinnen und Schüler verantwortet. Das Stadtoberhaupt verhehlt nicht, dass die Akzeptanz dieses ersten gemeinsamen Ganztagsangebots unterschiedlich ausfiel. Doch die Zweifel verflogen. Nicht von heute auf morgen. „Denn gut Ding braucht Weile“, sagt Kütbach, der zugleich Vorsitzender des Schulverbandes ist. Dieser ist inzwischen Träger aller Schulformen, mit Ausnahme des Gymnasiums, für das die Stadt verantwortlich zeichnet. Als extrem hilfreich wertet Kütbach den finanziellen Spielraum zum Umbau der Schulen, der durch das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) entstand. 

Der örtliche Bildungsrat war es auch, der 2008 mit Hilfe des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums die Initialzündung für die Weiterentwicklung zur kommunalen Bildungslandschaft auslöste. Fortan wurde das Netz der Akteure noch enger gespannt. In drei Arbeitskreisen widmete man sich den Schwerpunkten „Kindertagesstätten und Grundschulen“, „Übergang ins Berufsleben“ sowie „Lebenslanges Lernen und ehrenamtliche Betätigung“. Bildung wurde ein, wenn nicht das zentrale Thema in der gut 40 Kilometer nördlich von Hamburg gelegenen Stadt. Die Einrichtung eines Online-Praktikantenatlasses  oder auch die kreisweit ausgeschriebene Ehrenamtsmesse sind Beispiele für die Praxisnähe der entwickelten Angebote.

Teilzeitstelle Bildungsvernetzung

Besonders deutlich wird die der Bildung zugemessene Bedeutung in der Etablierung einer Teilzeitstelle Bildungsvernetzung. Trotz klammer Kassen koordiniert Helga Supola nun schon seit fünf Jahren die gemeinsamen Aktivitäten und Akteure. „Wir haben erkannt, dass die Steuerung der Arbeitsgruppen professionell und zentral geschehen muss“, meint Hans-Jürgen Kütbach. Er gehört wie die Grundschulleiterin Annegret Mißfeldt und der ehemalige Bürgermeister von Hitzhusen, Horst-Günther Hunger, dem aus dem Bildungsrat erwachsenen Initiativkreis Bildung an. Diesem gelang vor drei Jahren, sich erfolgreich für die Teilnahme am Projekt der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung „Lebenswelt Schule“ zu bewerben. Bad Bramstedt wurde als einer von vier bundesweiten Modellstandorten ausgewählt. Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung der Stadt wurde der Aufbau eines gemeinsamen Ganztagsangebotes für alle vier Grundschulen und die Förderschule.

In dessen Genuss kommen Schülerinnen und Schüler – und ihre Eltern – nunmehr seit drei Jahren. Eine Koordinatorin entwickelt alle Angebote mit den Schulen und den außerschulischen Partnern. „Gerade im ländlichen Raum muss man die Kräfte bündeln, um ein synchronisiertes Angebot von Schule und Außerschulischem, von dem alle profitieren,  aufzubauen“, sagt Kütbach. „Nur eine Vernetzung aller Akteure in einer Bildungslandschaft in unserer Region kann die bestmögliche Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen sicherstellen.“ 

Für die so miteinander verbundenen Schulen bedeutet das: Abschied nehmen vom Konkurrenz- und Kirchturmsdenken. „Das ist gelungen“, weiß der Bürgermeister. Man könnte es auf den Nenner bringen: Im Unterricht getrennt, im Ganztag konzeptionell vereint. Die Wahl der Grundschule wird nicht mehr zur Glückssache oder zum Ranking – alle Ganztagsangebote sind aufeinander abgestimmt. Die Eltern sind längst von der Qualität, deren ständige Überprüfung und Steigerung sich Bad Bramstedt verschrieben hat, überzeugt. So überzeugt, dass sie sich beim Wechsel ihrer Kinder aufs Gymnasium dort für die Einführung des Ganztags stark machten. 2011 wurde das realisiert. Kütbach: „Am meisten freut mich daran, dass am Gymnasium der Ganztag von innen heraus und nicht von uns verordnet entstanden ist.“

Professionen begegnen sich auf Augenhöhe

In der Bevölkerung hat der Bürgermeister einen deutlichen Bewusstseinswandel festgestellt. Bildung ist kein Randthema mehr. Die Angebote werden vernetzt und möglichst transparent dargestellt. Der Begriff Bildungslandschaft wird mit Leben erfüllt. „Dabei ist es uns wichtig, dass sich alle Professionen auf Augenhöhe begegnen“, betont Hans-Jürgen Kütbach. „Die Schule ist nicht das Sonnensystem, um das alles andere nur herumkreist. Unser Leitbild von einer Bildungslandschaft beinhaltet gleichwertige Systeme.“ 

Die Wertschätzung zeigt eine eigens kreierte Plakette, die die Türen aller Institutionen schmückt, die sich der Bildungslandschaft angeschlossen haben.

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