Teamentwicklung: Das Einfache gut machen : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg
Kommunikation und Kooperation sind die grundlegenden Bausteine einer Ganztagsschule. Um Schulentwicklung und Projekte voranzutreiben, ist das Bilden von Teams unerlässlich. Wie aber sollten Teams zusammengesetzt sein? Wie überzeugt man die Skeptiker mitzumachen? Auf welche Konflikte muss man gefasst sein? Die Tagung "Teamentwicklung" der Serviceagentur "Ganztägig lernen" Nordrhein-Westfalen am 23. und 24. September 2008 in Münster befasste sich mit diesen Fragen.
Wenn in Ganztagsschulen verschiedene Professionen zusammen wirken und diese Bildung und Betreuung der Schülerinnen und Schüler verbessern wollen, dann sind gemeinsame Planungen und Absprachen unumgänglich. Eigentlich. Denn die Realität in den Schulen ist vielfach noch eine andere. Veranstaltungen wie die Tagung "Teamentwicklung" im Rahmen der Fortbildungsreihe "Sozialpädagogischen Herausforderungen im Ganztag gemeinsam begegnen" der Serviceagentur "Ganztägig lernen" Nordrhein-Westfalen am 23. und 24. September 2008 im Luidgerhaus in Münster machten dies deutlich.

Gerade in offenen Ganztagsschulen ist das Bewusstsein der Lehrerschaft, dass die eigene Schule nun Ganztagsschule ist, mitunter wenig ausgeprägt: "Die Kolleginnen und Kollegen wissen, dass es eine Ganztagsschule gibt, aber nicht, was das ist", formulierte ein Teilnehmer in Münster. Von den Pädagogischen Partnern am Nachmittag wissen manche Lehrerinnen und Lehrer wenig bis nichts, und Gespräche zwischen den schulischen und außerschulischen Pädagogen finden nicht statt. Oft besteht der Kontakt der Pädagogischen Partner einzig zur Schulleitung. Manchmal bitten die außerschulischen Partner vergeblich um Gesprächszeit im Kollegium - "keine Zeit!", heißt es dann oft. Umgekehrt ziehen sich manche Schulsozialarbeiter auch auf Aufgabengebiete wie Einzelgespräche zurück, während die Schulleitung vergebens ein umfangreicheres Engagement anmahnt. So arbeitetet man eher neben- als miteinander.
Teamentwicklung an Ganztagsschulen ist ein schwieriges Thema, weil "sie sich ereignet. Man kann sie nicht am grünen Tisch erlernen", so Prof. Dr. Karlheinz Thimm vom Lehrstuhl für Soziale Arbeit an der Evangelischen Fachhochschule Berlin. "Ein Team ist kein festgelegtes Ding, sondern ein stetiger Prozess der Interaktion und Organisation mit Aufgabenfokus." Es muss jeweils vor Ort geschaut werden, wie eine Teambildung funktionieren kann und wie die Rahmenbedingungen sind.
Was ist ein Team?
Laut Definition ist ein Team eine "aktive Gruppe von Menschen, die sich auf gemeinsame Ziele verpflichtet haben und vorteilhaft zusammen arbeiten". Wie aber findet sich ein Team? Für Thimm ist in der Schule eine "offizielle Inthronisierung in der Gremienstruktur unerlässlich": Erfolgsdruck und Motivation des Teams würden so gesteigert; das Team arbeitet mit der von der Schulleitung oder anderen Gremien verliehenen Autorität. Wie sich das Team zusammensetzt, ist von Funktion und Zielen abhängig: Schulleitung, Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter, Pädagogische Partner, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern können vertreten sein.
Unabhängig von den Funktionen der Teammitglieder sind die Rollen wichtig, die sie repräsentieren. Zwar kann eine Teamfindung beginnen, indem sich jemand Gleichgesinnte sucht und diese überzeugt, dass durch Bündelung von Kompetenz und Kräften der professionelle Nutzen gesteigert werden und eine personelle Entlastung bringen kann. Aber in einem Team sollten auch Skeptiker, Motivatoren, Visionäre und Querdenker vertreten sein, um auch Bedenken und Alternativen auf dem Weg zu den klar definierten gemeinsamen Zielen Gehör zu verschaffen. Dabei darf die wertschätzende Atmosphäre und die Kommunikationskultur nicht beeinträchtigt werden.
Team nicht als "geschlossene Gesellschaft" verstehen
Weitere Rahmenbedingungen, die für eine gelingende Teambildung notwendig sind, umfassen die räumliche Ausstattung: Ein fester Raum mit ausreichender Ausstattung sollte vorhanden sein. Die Aufgaben von Sprecher, Moderator und Protokollführer müssen zugeordnet und Aufgabenfelder klar verteilt werden. Es muss eine Tagesordnung geben. "Protokolle und Dokumentationen sollte man meiner Ansicht nach beschränkt halten", meinte Thimm.
Der Umgang mit den erzielten Ergebnissen muss geklärt werden, um eine ausreichende Transparenz der Gruppenarbeit nach außen sicher zu stellen. "Überlegen Sie mal, welche dieser Kriterien an Ihren Schulen bei Teamarbeit erfüllt worden sind", fragte Karlheinz Thimm in die Runde der zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer. "Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es oft nur ein Bruchteil ist." Die Ergebnisse seien entsprechend. Ein Teilnehmer bestätigte, dass er Teamsitzungen bisher als weniger effektiv erlebt habe als Zweiergespräche und daher möglichst zu meiden versuche.

Die Arbeit in Teams verläuft häufig in Zyklen: Nach einer Orientierungsphase des vorsichtigen Umgangs und Sondierens folgt die Konfliktphase, in welcher die Gegensätze zu Tage treten, sich Untergruppen bilden und das Vorankommen mühsam gestaltet. Nach diesem Zwischentief folgt die Produktivitätsphase, in der die Aufgaben als gemeinsame Sache verstanden und gelöst werden.
Bei der Arbeitsplanung im Team gilt es, Prioritäten zu setzen und nach Dringlichkeit und Wichtigkeit zu unterscheiden. Man darf nicht zu viele Dinge gleichzeitig angehen, sondern sollte sich im Arbeitsumfang bewusst beschränken: "Es geht darum, das Einfache gut zu machen", brachte es Thimm auf den Punkt. Dazu stellt man eine Meilensteinplanung auf, um Teilziele zu entwickeln. Das Erreichen dieser Zwischenergebnisse sollte man auch feiern und vor allem auch nach außen tragen, um die Prozesstransparenz gegenüber Dritten zu gewährleisten. Denn eine der frühen Gefahren, die auf dem Weg zu einem erfolgreich zusammenarbeitenden Team lauern, ist das Image einer "geschlossenen Gesellschaft", deren unbekanntes Tun das Misstrauen von Außenstehenden auf sich zieht.
Wohlfühlatmosphäre gehört dazu
Die Kommunikation nach außen ist genauso wichtig wie die nach innen - und sie muss geprägt sein von der Wertschätzung auch abweichender Meinungen, gegenseitigem Respekt und dem Zulassen von Gefühlen. Als Eckpfeiler, innerhalb derer sich diese Kommunikation abspielt, müssen klare Ziele benannt sein, welche das Team mit seiner Arbeit verfolgen möchte. Ebenso eindeutig müssen Aufgabenbereiche definiert und Aufgaben verteilt werden, für die dann verantwortliche Personen und Termine festgelegt werden - alles schriftlich festgehalten.
Von Anfang an muss dabei auf inhaltlicher Ebene Querdenken erlaubt sein, denn Gruppenbeschlüsse sind umso nachhaltiger, je deutlicher Probleme vorher benannt worden sind und je mehr Interessen Berücksichtigung gefunden haben. Hier liegt auch eine der Aufgaben einer erfolgreich arbeitenden Sitzungsleitung. Diese sollte die Tagesordnung zwei Tage vorher bekannt machen, die Regeln klären, den Roten Faden garantieren, die Teammitglieder aktivieren, bei Problemen und Konflikten moderieren und die Ergebnisse und das weitere Vorgehen formulieren.
Und so banal es klingen mag: Zu einer erfolgreichen Arbeit gehört auch das Herstellen einer Wohlfühlatmosphäre. Die Blumen und das Gebäck auf dem Tisch sind eben in vielen Schulen noch nicht selbstverständlich, sie können aber schon etwas von der Wertschätzung vermitteln, die man der Arbeit von Kolleginnen und Kollegen entgegenbringt. "Mitglieder eines Teams, die sich wohlfühlen, spornen sich an, schöpfen Kraft und Freude und erleben sich als kreativ", erklärte Karlheinz Thimm. Entsprechend steigt die Leistungsfähigkeit des Teams.
Umgang mit Skeptikern
Doch bevor man diesen Zustand erreicht hat, sind in den Schulen oft noch viele andere Schritte notwendig, wie die Nachfragen und Diskussionen der Lehrerinnen und Lehrer, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter und Schulleitungen in Münster zeigten: Wie motiviert man Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit, und wie geht man mit Widerständen um?
Karlheinz Thimm zeigte sich überzeugt, der Schlüssel sei: "Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren." Man müsse die Fähigkeiten und Stärken auch von Skeptikern hervorheben und laut aussprechen, dass jemand etwas gut kann. "Herr Meier, Ihre gesunde Skepsis könnte dafür sorgen, dass unsere Gruppe immer mal wieder geerdet wird", könnte beispielsweise so ein Lob lauten, dass einem Kollegen gemacht wird, der dem Team eher ablehnend gegenüber steht. Aber auch die Aussicht auf einen Gewinn - Reputation, die ideelle Anerkennung einer Arbeit oder die Möglichkeit, durch das Teamwork neue finanzielle Ressourcen aufzutun - sollte klar benannt werden. Um Skeptiker zur Mitarbeit zu motivieren, müsse man sie auch fordern, indem man ihre Wünsche und Vorstellungen abfragt und berücksichtigt.
"Gegenreden zulassen, integrieren, Risiken nicht verschweigen und diskutieren", so sah es der Berliner Erziehungswissenschaftler. Maximalforderungen sollten von keiner Seite zur Sollbruchstelle erklärt werden, umgekehrt müsse man aber auch nicht auf den Langsamsten warten.
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