Ganztagsgrundschule mit Elternverein : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Der Waldschule Groß Grönau kommt nicht nur ihre Naturnähe zugute, die das Klima des Lernens wesentlich mitbestimmt. Engagierte Eltern stemmen hier den Ganztag, den 250 von knapp 300 Schülerinnen und Schülern nutzen.

Neubau der Sporthalle (Architekt Burkhard Hilbert, Harmsdorf)
Neubau der Sporthalle (Architekt Burkhard Hilbert, Harmsdorf) © Harder Tragwerksplanung GmbH & Co. KG

An Platz mangelt es hier wahrlich nicht: Großzügig bemessene Klassenzimmer, Räume für die Differenzierung, großflächige Außengelände mit zahlreichen Möglichkeiten zum Spielen, Toben oder einfach nur „Chillen“ kennzeichnen die Waldschule Groß Grönau im Kreis Herzogtum Lauenburg, die ihren Schulnamen passend zu ihrer Lage trägt. Die Offene Ganztagsgrundschule liegt unmittelbar am Wald, und getreu ihrem Namen ergänzen in allen Klassenstufen regelmäßig Waldtage den Unterricht. Alle zwei Jahre finden „Waldjugendspiele“ statt. Das Logo der Schule ist ein Eichhörnchen.

An den Spielen nehmen die „Älteren“, sprich die Jahrgänge 3 und 4, teil. Sie durchlaufen alleine oder in Kleingruppen verschiedene Stationen. Bei den Waldjugendspielen geht es um eine aktive Auseinandersetzung mit der Natur. Alle Sinne sollen angesprochen werden. So kann zum Beispiel ein Baum mit dem Stethoskop abgehört, die Höhe eines Baumes ermittelt oder ein Weg mit verbundenen Augen zurückgelegt werden. Tiere werden pantomimisch dargestellt und in Kästen verschiedene Gegenstände erfühlt. Wenn alle Stationen durchlaufen sind, bastelt sich jedes Kind aus einer Holzscheibe eine Erinnerungsmedaille. Anschließend stärken sich alle mit Brot und Früchtemarmelade.

Schulleiter Jörg Woelky kann sich zwar eine noch stärkere Einbeziehung der Natur und des pfleglichen Umgangs mit ihr vorstellen. Doch er findet schon jetzt gelungen, wie der Wald genutzt wird, um Naturmaterialien wie Zweige, Baumfrüchte und Blätter für den Kunstunterricht zu sammeln und daraus etwas zu gestalten. Auch für den Schulgarten werden Materialien aus dem Wald eingesetzt.

 

Elternverein als Träger des Ganztags

„Der Wald bietet die Möglichkeit, ‚Unterricht vor Ort‘ lebendig zu gestalten, zum Beispiel bei den Themen Bäume und Pflanzen. Auch für den Sportunterricht spielt der Wald eine wichtige Rolle. Der alljährliche Nikolauslauf findet dort statt“, erläutert der Schulleiter. Der Grundsatz „Behandle andere so, wie auch du behandelt werden möchtest“, schließt Pflanzen und Tiere ausdrücklich ein. Doch dazu zählt insgesamt, andere wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Insbesondere die Mitmenschen.

Das Team der Waldschule mit Schulhund Wolke
Das Team der Waldschule mit Schulhund Wolke © Waldschule Groß Grönau

Nicht zufällig hat das Kollegium der Waldschule das Schulprogramm gemeinsam mit den Eltern erarbeitet. „Die Eltern unserer Schülerinnen und Schüler sind für uns ein ganz wichtiger Partner“, versichert Jörg Woelky. Da überrascht es nicht, dass der 1996 gegründete Elternverein der Träger der OGS ist. Er kümmert sich nicht nur um die Finanzen, sondern auch um die Gestaltung des Ganztags: ein warmes Mittagessen, eine Hausaufgabenbetreuung, viele altersgemäße Aktivitäten und schließlich eine Ferienbetreuung von 7.00 bis 16.00 Uhr. Um all das qualifiziert zu ermöglichen, sorgt der Elternverein auch für die Einstellung der aktuell 14 Erzieherinnen und Erzieher.

Meike Freitag ist die Ganztagskoordinatorin der Waldschule und Leiterin der Elterninitiative „Betreute Grundschulzeiten an der Waldschule Groß Grönau e.V.“. Sie freut sich darüber, dass regelmäßig FSJler sowie Studentinnen und Studenten ihr Team ergänzen und dazu beitragen, dass „wir stets in einem altersgemischten Team agieren, was uns sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Kinder ermöglicht.“

Größtmögliche Freiheiten

„Alle Kinder sind herzlich willkommen“, lädt der Elternverein auf der Schulhomepage in die OGS ein. Und scheint damit Gehör zu finden: 250 von rund 300 Schülerinnen und Schüler nutzen den Offenen Ganztag – eine in wenigen Grundschulen erreichte Teilnahmequote. Läge nicht die Entscheidung nahe, gleich den gebundenen Ganztag einzuführen? Meike Freitag und Jörg Woelky verneinen.

„Erstens möchten wir die Wahlfreiheit der Eltern nicht beschränken“, sagt der Schulleiter. „Und zweitens ist für manche Kinder, insbesondere die jüngeren Schülerinnen und Schüler, ein Aufenthalt von 7 bis 16 Uhr zu anstrengend. Für manche Kinder ist aus unserer Sicht der mögliche Rückzug in die Familie besser“, ergänzt Freitag.

Die größtmögliche Freiheit bei der Wahl haben die Kinder auch bei der Nutzung der Ganztagsangebote. Externe Kooperationspartner bieten Töpfern, Schach, Judo, Basteln, Tennis, eine PC-AG oder Niederdeutsch an. Wer keine AG besuchen möchte, hat die Möglichkeit zum freien Spielen. Ab 7 Uhr sind die Türen der Frühbetreuung geöffnet. Entweder um 14.30 Uhr oder um 16 Uhr können Kinder abgeholt werden, unabhängig davon, ob sie für zwei Tage oder die gesamte Woche für den Ganztag angemeldet sind.

Ganztagsteam mit WhatsApp-Gruppe

Grundschule mit Schullehrwald
Grundschule mit Schullehrwald © Amt Lauenburgische Seen / Groß Grönau

Innerhalb dieser Struktur scheint die Freiheit nahezu grenzenlos. Meike Freitag: „Unsere Kinder dürfen sich überall aufhalten.“ Fünf Gruppenräume, die Mensa und eine Küche stehen zur Verfügung. Doch es gibt auch noch Überlegungen zur Weiterentwicklung des Ganztags. Noch stärker als bisher möchte die Schule die Schülerinnen und Schüler an der Entscheidung über Angebote beteiligen. Eine Hüpfburg und ein Eisbüfett standen schon auf der Wunschliste für die Ferienangebote der Waldschule ganz oben. Zumindest die Hüpfburg hat eine Chance.

„Wenn wir die Kinder einbinden, lernen sie, ihre eigenen Interesse wahrzunehmen, sich zu engagieren“, sagt Meike Freitag. Jörg Woelky ergänzt weitere pädagogische Ziele: „Sie lernen zum Beispiel, was so etwas kostet, wo man eine Hüpfburg bestellt oder auch, darüber nachzudenken, ob diese über Nacht einfach auf dem Schulhof stehen bleiben kann.“ Ein solches Demokratieverständnis erfahren die Kinder im von Schulsozialarbeiterin Susanne Rammé betreuten Schülerrat.

Eigenverantwortung will gelernt sein. Die Schülerinnen und Schüler wissen etwa frühzeitig, ihre „Namensmagnete“ an jenen Ort auf der gut sichtbaren Tafel so zu verschieben, dass erkennbar bleibt, wo sie sich gerade befinden. Denn es ist auf dem großen Gelände keine einfache Übung für die Erwachsenen, alle gleichzeitig überall im Blick zu haben. Das Team war hier erfinderisch: Es hat eine eigene WhatsApp-Gruppe angelegt. Da gibt es stets schnell Antwort auf die Frage: „Wisst Ihr, wo X gerade steckt?“

Klima des Lernens

Professionell ist der Unterricht gestaltet, der viel individuelle Förderung vorsieht. Zu den unterschiedlichen Unterrichtsmethoden gehören beispielsweise Stationslernen, individuelle Arbeitspläne und Werkstätten. Wechselnde Sozialformen wie Einzelarbeit, Partnerarbeit und Gruppenarbeit sind dabei selbstverständlich und tragen dazu bei, ein aktives, ebenso gemeinschaftliches wie eigenständiges Lernen zu fördern. Englisch steht ab Klasse 3 auf dem Stundenplan, zwischen Religions- und Philosophieunterricht kann gewählt werden.

In Klasse 3 ergänzt Schwimmunterricht den Sportunterricht. Zudem wird in dieser Jahrgangsstufe ein Halbjahr KiTec (Kinder und Technik) unterrichtet. Ein Fach, in dem in Kleingruppen das Arbeiten mit Werkzeugen und das Planen und Umsetzen von Bauvorhaben geübt wird. Ein Wahlpflichtkurs bereichert die Jahrgangsstufe 4. An der „Bewegten Schule“, die neben der musischen und kreativen Förderung am Gesundheitsprogramm „Klasse 2000“ teilnimmt, wird übrigens auf Noten verzichtet.

Naturnähe ist wörtlich zu nehmen
Naturnähe ist wörtlich zu nehmen © Amt Lauenburgische Seen / Groß Grönau

Was anfangs durchaus auf Widerstand der Eltern stieß. Jörg Woelky erinnert sich: „Meine Stimme als Schulleiter musste damals den Ausschlag geben.“ Inzwischen sehen die „Umfrageergebnisse“ der Schule auch in diesem Punkt deutlich anders aus, die Zahl der Befürworter des notenfreien Lernens ist angestiegen. Das Erfolgsgeheimnis der Waldschule ist sicherlich, dass die Schule immer wieder ihr Ohr an die Stimmen der Kinder wie der Eltern legt. So findet das Angebot der Hausaufgabenbetreuung mit seinem Konzept große Zustimmung. Vielleicht, weil die Schule auch ganz klarmacht: „Das ist keine Nachhilfe. Wir schaffen dort ein Klima des Lernens.“

Ziel: Noch mehr Austausch

In den beiden Hauptfächern Deutsch und Mathematik wird in allen Jahrgangsstufen Förderunterricht in Kleingruppen angeboten. Einige Stunden sind durch Lehrkräfte oder die Schulassistenz doppelt besetzt. Für leistungsstarke Kinder im Fach Deutsch gibt es in den Klassenstufen 1 und 2 den „Forderkurs“ ABC-Extra. Großer Beliebtheit erfreuen sich die kleinen Klassenbüchereien, die ebenso wie die Unterstützung durch Lesepatinnen und -paten zur Steigerung der Lesekompetenz beitragen.

In Mathematik wird in den Klassenstufen 3 und 4 Mathe-Knobeln für alle Kinder angeboten, die Spaß an schwierigen Aufgaben und am Knobeln haben und nicht davor zurückschrecken, wenn sie dafür mehrere Anläufe brauchen. Im gut ausgestatteten PC-Raum und dank zahlreicher Tablets wird der Umgang mit digitalen Medien geschult.

Mit Blick in die Zukunft wissen Meike Freitag und Jörg Woelky um die Herausforderungen, die der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 für die personelle und räumliche Planung bedeutet. „Wir sind derzeit personell gut aufgestellt, auch weil wir gute Erfahrungen mit Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern sammeln konnten. Wenn wir ab 2026 nur noch fünf Wochen pro Jahr schließen dürfen, wird das etwas ganz anderes“, weiß Meike Freitag.

Doch ihr ist noch etwas wichtig: „Unser Ziel ist jetzt erst einmal, den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und den im Ganztag Tätigen zu intensivieren.“ Jörg Woelky vernimmt es. Und nickt.

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