ISB Bayern: „Ganztagsausbau aktiv begleiten und gestalten“ : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

Das Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) ist für seine Unterstützung der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten bayernweit bekannt. Direktor Dr. Alfons Frey im Interview.

Ministerialrat Dr. Alfons Frey
Ministerialrat Dr. Alfons Frey © Dr. Bernd Schaal / ISB Bayern

Online-Redaktion: Das Team des ISB hat, so könnte man sagen, auch die Aufgaben einer Serviceagentur für den Ganztag. Wie unterstützen Sie Ganztagsschulen in Bayern?

Dr. Alfons Frey: Derzeit unterstützen wir Ganztagsschulen und Kommunen insbesondere mit Informationen und Veranstaltungen zum Thema „Rechtsanspruch auf Grundschulkindbetreuung ab 2026“. Grundsätzlich haben wir natürlich auf unseren Fachtagen, bei Onlineseminaren und Vorträgen alle Schularten mit ihren Wünschen zu Inhalten wie Pädagogik, Gesundheit und Wohlbefinden des Personals, Kinder- und Jugendschutz und Gestaltung von Lebensräumen im Blick. Die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Ganztagsangebote aller Schularten ist uns besonders wichtig. Hierfür stellen wir den Ganztagsschulen Materialien zur Verfügung und beraten sie zu deren Einsatz. Einen guten Einblick in unsere Unterstützungsangebote bietet unser Online-Portal.

Online-Redaktion: Wie groß ist das Ganztagsteam?

Frey: Das Referat Ganztag am ISB umfasst derzeit fünf Lehrkräfte, die zu einem Teil gleichzeitig auch an Schulen unterrichten und so wertvolle Erfahrungen aus der täglichen Praxis einbringen. Wir bemühen uns, hier möglichst viele Schularten abzubilden. Bei unseren Veranstaltungen arbeiten wir in den sieben Regierungsbezirken mit den jeweiligen Ganztagskoordinatorinnen und ‑koordinatoren aller Schularten zusammen. Diese wiederum stehen im Kontakt mit den Ganztagsschulen, sodass unser Wirken eine breite Reichweite hat.

In der Grundsatzabteilung des ISB, zu der auch das Referat Ganztag gehört, sind viele Querschnittsthemen im Bildungsbereich abgebildet. Dies ermöglicht uns in unseren verschiedenen Aufgabenfeldern, auch die Expertise aus den anderen Referaten einzubeziehen.

Online-Redaktion: Bayern hat ein Modell, nach dem Grund- und Mittelschulen sowohl gebundene Ganztagsklassen als auch die offene Ganztagsschule (OGTS) anbieten. Wie funktioniert das?

Frey:  Durch das breite Angebot an verschiedenen Ganztagsangeboten unterstützt der Freistaat zum einen die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum anderen hilft er den Kommunen bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Grundschulkindbetreuung, die Angebotsformen zu wählen, die für ihren Bedarf passen. So können bei entsprechendem Bedarf einzelne Ganztagsschulen sowohl gebundene Ganztagsschule (GGTS) als auch offene Ganztagsschule (OGTS) sein. Je nachdem, wie viel Flexibilität und welche Angebotsform eine Familie wünscht, kann sie sich in diesen Fällen dann für eine der beiden Alternativen entscheiden.

Online-Redaktion: Für Kinder im Grundschulalter gibt es außerdem noch verschiedene Formen der Mittagbetreuung und andere Ganztagsangebote. Welche sind das?

Eine neue Angebotsform ist der Kooperative Ganztag
Eine neue Angebotsform ist der Kooperative Ganztag © Britta Hüning

Frey:  Mittagbetreuungen und verlängerte Mittagbetreuungen bis 15:30 oder 16:00 Uhr sind Angebote kommunaler oder freier Träger und stehen unter Schulaufsicht. Sie können für Kinder im Grundschulalter alternativ zur offenen Ganztagsschule als freizeitpädagogisch-orientiertes Betreuungsangebot im Anschluss an den Unterricht am Vormittag eingerichtet werden. Dies geschieht im Zusammenwirken mit der Schulleitung.

Neben den Ganztagsangeboten unter Schulaufsicht nehmen natürlich auch die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, wie zum Beispiel Horte, eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz für Kinder im Grundschulalter ein. Eine neu entwickelte Angebotsform in Kooperation beider Systeme stellen die Kombieinrichtungen, häufig auch als Kooperativer Ganztag (KoGa) bezeichnet, dar. Im KoGa arbeiten die Schule und ein Ganztagskooperationspartner in gemeinsamer Verantwortung konzeptionell, räumlich und personell eng zusammen. Das übergeordnete Ziel ist die engere Verzahnung von Schule und Jugendhilfe. Der Unterricht und das Jugendhilfeangebot finden hierbei in einem gemeinsam genutzten Gebäude, einem sogenannten Bildungscampus statt.

Online-Redaktion: Welche Rolle spielen die Bildungsregionen für die Ganztagsschulentwicklung?

Frey: Unser Konzept der Bayerischen Bildungsregionen sieht die stärkere Verzahnung von Schulen und außerschulischen Bildungsträgern vor. Diese Vernetzungsstrukturen können von den Kommunen bei der gemeinsamen Planung beziehungsweise Koordinierung des Ganztagsangebots vor Ort genutzt werden. Auch im Hinblick auf die Öffnung der Schule in den Sozialraum sind diese Netzwerke der Bildungsregionen wertvoll. Wir freuen uns, dass viele externe Partner, wie Vereine, Verbände und Stiftungen sich gerne bei der Gestaltung der Ganztagsschulen einbringen und sich dort vielfältig engagieren. So können Kinder und Jugendliche im Ganztag mit deren Unterstützung beispielsweise an Hobbys herangeführt und ihre Interessen oder Neigungen schon frühzeitig entwickelt werden.

Online-Redaktion: Unterstützt das ISB auch bei der Fortbildung der Lehrkräfte und anderer am Ganztag beteiligter Berufe?

Frey: Das Referat Ganztag am ISB bietet zur Qualitätssicherung und -weiterentwicklung Seminare und Fachtage für alle am Ganztag beteiligten Personen an. Die Zielgruppe dabei ist gemeinsam mit Lehrkräften vor allem das nicht unterrichtende, pädagogisch tätige Personal. Darüber hinaus sind Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen und der Träger angesprochen. Die ALP, das ist die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen, bietet sowohl für Schulleiterinnen und Schulleiter als auch für Lehrkräfte regelmäßig entsprechende Veranstaltungen an.

Das ISB begleitet den Prozess des Ganztagsausbaus
Das ISB begleitet den Prozess des Ganztagsausbaus © Britta Hüning

Online-Redaktion: Welche Schwerpunkte wollen Sie in der nahen Zukunft setzen?

Frey: Auf jeden Fall möchten wir als ISB unsere Arbeit in den verschiedenen Bereichen für unsere multiprofessionellen Zielgruppen auf dem bereits erreichten qualitativ hohen Niveau fortführen. Darüber hinaus werden wir den gesellschaftlich wichtigen Prozess des Ganztagsausbaus und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen auch in Zukunft begleiten und aktiv gestalten.

Online-Redaktion: Vielen Dank für das Interview!

Zur Person:

Ministerialrat Dr. Alfons Frey, Jg. 1967, leitet seit Dezember 2023 als Direktor das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) in München. Nach dem Studium der Wirtschaftspädagogik für das Lehramt an beruflichen Schulen an der Friedrich-Alexander Universität in Nürnberg und Promotion an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt war der Diplom-Handelslehrer ab 1995 an der Staatlichen Berufsschule Eichstätt tätig, deren Schulleiter er 2011 wurde. 2012 übernahm er zusätzlich die Leitung der Staatlichen Wirtschaftsschule Greding. 2015 wurde er Leiter des Fachreferats für kaufmännische berufliche Schulen, Innere Schulentwicklung und Qualitätsmanagement an beruflichen Schulen im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus.

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