Kleine und große Stars in der Ganztagsgrundschule : Datum: Autor: Autor/in: Ralf Augsburg

Hier können schon die Kleinsten nach den Sternen greifen und die Älteren die „Star News“ herausgeben. In der Sternschule Uelzen sagt ein engagiertes multiprofessionelles Team: „Wir alle sind die Ganztagsschule!“

Schulleitung Sternschule
Susanne Schmidt (l.) und Dörthe Reinhold © Online-Redaktion

Wenn Kinder in die Sternschule Uelzen eingeschult werden, ist sie vielen von ihnen bereits vertraut. Denn ihr Kindergarten gehört zur Schule und liegt im gleichen Gebäude. Aktuell besuchen rund 30 Kinder in zwei Gruppen den Schulkindergarten der Sternschule, und Schulleiterin Dörthe Reinhold findet diese Einrichtung großartig: „Wir wünschen uns, dass es so etwas für alle Schülerinnen und Schüler gibt. Ein Schuljahr null wäre ein Traum!“

In Niedersachsen ist der Schulkindergarten ein Teil der Grundschule. Ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen – an der Sternschule leitet eine Sozialpädagogin den Schulkindergarten – fördern die Kinder, um sie für die Aufnahme an der Grundschule zu befähigen. Der Schulkindergarten umfasst 20 Wochenstunden Unterricht, teilweise bereits zusammen mit den Erstklässlern. „Die Kinder werden hier unter anderem in der Wahrnehmung, in Strukturen und im Wortschatz gefördert“, berichtet Dörthe Reinhold. „Danach gelingt häufig ein viel besserer Schulstart.“

„Wir alle sind die Ganztagsschule!“

Dass der Schulkindergarten an der Sternschule angesiedelt wurde, verdankte sich den räumlichen Gegebenheiten – die Schule bot ausreichend Platz, nachdem eine Hauptschule aus dem Gebäude ausgezogen war. Das war laut der Schulleiterin dann gleichzeitig die „Initialzündung“ für die Einführung der offenen Ganztagsschule im Schuljahr 2016/2017.

Doch wie anfangen? In der Kreisstadt Uelzen gab es bis dahin keine Erfahrungen mit dem Ganztag an Grundschulen – die Sternschule wurde zum Pionier.

Die Stadt hatte mit der Einführung der Ganztagsschule zunächst gewartet, weil es eine durch die Kommune organisierte Betreuung durch Ehrenamtliche gab. Schließlich war der Weg frei für den offenen Ganztag an der Sternschule. „Wir haben eine Steuergruppe gegründet und ein Jahr Vorarbeit geleistet“, erzählt Susanne Schmidt, die stellvertretende Schulleiterin. Die Gruppe befasste sich mit Themen wie Mensa, Bücherei und Hausaufgaben. Sie besuchte zwei Ganztagsgrundschulen in Bienenbüttel und in Lüneburg, „an denen wir jeweils einen ganzen Tag mitgemacht haben – wir wollten alles aufsaugen wie ein Schwamm“.

Bücherei
Schulbibliothek © Sternschule

Während die Stadt als Schulträger in eine Mensa und eine große Bibliothek investierte, wurde sich das Kollegium bewusst: „Wir alle sind die Ganztagsschule! Wir wollten keine Vormittagsschule mit Anhang sein.“ Zwar blieb das Angebot für die Schülerinnen und Schüler freiwillig – aktuell nehmen etwa 65 Prozent am Ganztagsangebot teil –, aber die Lehrerinnen und Lehrer waren und sind in den Nachmittag mit dem Mittagessen, der Hausaufgabenbetreuung und den Arbeitsgemeinschaften eingebunden.

Multiprofessionelles Team

„Die Verzahnung ist da, die Rückmeldung für die Hausaufgaben ist gewährleistet“, beschreibt Dörthe Reinhold die Struktur des Ganztags. „Jetzt kann eine Kollegin die andere ansprechen.“ Zum Beispiel, wenn Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten bei den Aufgaben haben. Aus ihrer Sicht kann die Ganztagsschule nur funktionieren, wenn alle Fachkräfte wissen, was passiert. „Und wie wichtig die Verknüpfung der verschiedenen Angebote ist, haben wir inzwischen durch die Praxis gesehen.“

245 Schülerinnen und Schüler lernen an der dreizügigen Sternschule. 20 Lehrkräfte, ein Lehramtsanwärter, sieben pädagogische Mitarbeiter und ein Schulsozialpädagoge bilden das Team. „Erzieherinnen und Ergotherapeuten sind unsere Partner“, berichtet die Schulleiterin, die sich sogar „noch ein breiteres multiprofessionelles Team wünschen“ würde, zum Beispiel eine Krankenschwester und einen Logopäden.

Rathaus
Die "Star News"-Redaktion bei Bürgermeister Jürgen Markwardt (r.). © Sternschule

Für ihre heterogene Schülerschaft aus dem sozial gemischten Sternviertel wäre das wichtig. Schon seit zehn Jahren werden in der Sternschule auch Kinder mit Handicaps unterrichtet, dafür ist eine auf Inklusion spezialisierte Mitarbeiterin eingesetzt. Uelzen hat keine Förderschule. „Bei uns ist jedes Kind willkommen, und wir fördern und bringen alle voran“, erklärt die Schulleiterin. „Alle anders, alle gleich“, ist das Motto der Sternschule.

Kinder wollen den Ganztag an vier Tagen

Von Montag bis Donnerstag gibt es Ganztagsangebote von 13 bis 15 Uhr. Die Schülerinnen und Schüler können frei wählen, wann sie teilnehmen – die meisten Kinder wollen an allen vier Tagen dabei sein, wie die Schulleiterin berichtet. „Gerade die Erstklässlerinnen und Erstklässler nutzen immer alles, sie und ihre Eltern sind den Ganztag ja schon gewöhnt.“ Im 1. Schuljahr gibt es noch feste Gruppen im Ganztag, später finden sich die Schülerinnen und Schüler dann in jahrgangsgemischten Gruppen.

Einen wichtigen Ansatz zur Förderung bietet die Hausaufgabenbetreuung – wobei Dörthe Reinhold die 45 Minuten nicht als „Betreuung“ verstanden wissen will. „Wegen der Hausaufgaben haben wir lange überlegt und uns immer wieder darauf verständigt, dass das eine Lernzeit ist.“ Die Aufgaben kommen in das sogenannte Schülerbuch und werden von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern nach Erledigung abgezeichnet. Mit zwei verschiedenen Stempeln signalisieren die Pädagoginnen und Pädagogen, welche Arbeiten gegebenenfalls noch zu Hause beendet werden müssen. Sind die Hausaufgaben erledigt, dann wird weiter mit Übungsaufgaben gelernt.

„Damit fahren wir sehr gut. Die Erledigungsquote der Hausaufgaben ist viel besser geworden“, bestätigt auch die stellvertretende Schulleiterin Susanne Schmidt und fügt schmunzelnd hinzu. „Auch die Strategen unter den Schülerinnen und Schülern werden ehrlicher. Die Eltern wissen ja jetzt immer, was los ist.“ Letztere kennen ebenso alle AG-Angebote, denn der AG-Plan ist im Schülerbuch abgedruckt.

Wald & Wild und Poesie im Waldklassenzimmer

Spiele, Werken, Basteln, Sport, Märchen, Entspannung, Singen & Rhythmus, Textiles Gestalten, Kunst & Malen, Yoga, Leseförderung und die Schülerzeitung „Star News“ stehen als Ganztagsangebote zur Auswahl. Mittwochs heißt der „Sternschnuppenchor“ jedes Kind willkommen. Auch Schulmusicals werden dort einstudiert.

Waldklassenzimmer
Waldklassenzimmer im Stadtwald © Sternschule

Der treueste AG-Partner der Sternschule ist im Übrigen Stadtförster Thomas Göllner vom Forstamt, der regelmäßig die „Wald & Wild“-AG anbietet. Seitdem die Schule in der Kleingartensiedlung „Im Hülsen“ vor vier Jahren eine Parzelle mieten konnte, können die Schülerinnen und Schüler auch die Schulgarten-AG wählen. Lehrer Marek Hampel meinte damals: „Das ist genau mein Ding!“ Inzwischen engagiert sich hier eine ganze Lehrergruppe.

Marek Hampel und Stadtförster Thomas Göllner waren auch die treibenden Kräfte bei der Einrichtung eines Waldklassenzimmers als außerschulischer Lernort, das bereits 2011 im nahegelegenen Stadtwald eröffnet werden konnte. Inzwischen ist dort dank des Fördervereins und durch tatkräftige Mithilfe einiger Väter eine Schutzhütte entstanden. Nun können die Schülerinnen und Schüler „zwischen Eichen und Buchen lernen“. Alle zwei Jahre finden hier die Waldsporttage als Alternative zu den Bundesjugendspielen statt.

„Das Waldklassenzimmer gehört zu uns“, freut sich Susanne Schmidt. „Ein Teich ist in der Nähe, ein Herbarium ist entstanden, die Kunstlehrerinnen nutzen diesen Lernort ebenfalls. Und die Schülerinnen und Schüler schreiben dort Frühlingsgedichte!“

Redaktion „Star News“

Marek Hampel arbeitet seit 2016 außerdem mit der 12-köpfigen Redaktion aus Dritt- und Viertklässlern an den „Star News“. Die Redakteurinnen und Redakteure der Schülerzeitung bestimmen die Themen selbst. Sie stellen nicht nur Lehrerinnen und Lehrer vor, sondern auch ihre außerschulischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum Beispiel die Reinigungskräfte. Sie berichten über Schulausflüge und Schulereignisse, führen Umfragen durch oder interviewen Bürgermeister Jürgen Markwardt. Gegenseitig befragten sich die Schülerinnen und Schüler beispielsweise, wie sie ihre Pausenzeiten nutzen – für Schulleiterin Reinhold ist so etwas wie eine „Evaluation“. Die „Star News“ erscheinen – „kostenlos, aber nicht umsonst“ – sowohl in einer gedruckten Ausgabe als auch online auf der Homepage der Sternschule.

2020 erschien eine Sonderausgabe „Corona!“ (PDF, 2MB, nicht barrierefrei), in der Kinder und Lehrkräfte berichten, wie die Einschränkungen erlebt haben und wie sie sich auf die Schule freuen. Wer wissen möchte, was Kinder bewegt und wie reflektiert sie ihre Umgebung wahrnehmen, erfährt es in den witzigen und berührenden Geschichten:

Schulredaktion
"Star News" mit der Junior-Redaktion und Marek Hampel © Sternschule

„Ich war am Dienstag das erste Mal wieder in der Schule und es war schön!!! Ich habe die Hälfte meiner Klasse wiedergesehen! Ich erkläre euch mal eine wichtige neue Regel: Sie lautet, dass man mit seiner Gruppe immer zusammenbleiben muss, aber immer mit dem Abstand von 1,50m! In unserer Klasse gibt es auch neue Dinge und zwar haben wir „Wandelnde Blätter“ von Herrn Hampel bekommen, das sind tropische Insekten, und er hat ein großes Schachspiel mit einem Durchmesser von 1,50m für uns gekauft! ... Mit den Kindern unserer zweiten Gruppe schreiben wir jeden Tag ein „Schreibgespräch“, sowas wie ein Chat, aber mit Füller und Papier. Das macht Spaß...“

Dörthe Reinhold ist stolz: „Wir haben in den letzten Jahren unheimlich viel geschafft. Als nächstes wollen wir unseren Innenhof neu gestalten und neue Tablets anschaffen.“

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