Gemeinschaftsschule Probstei: Sport als Schülerbringer : Datum: Autor: Autor/in: Stephan Lüke

„Ganz oben im Norden ein Leuchtturm in Bildung und Gesundheit durch Sport“ sind die Gemeinschaftsschule Probstei und der TSV Schönberg. Nun wurden sie mit dem Deutschen Schulsportpreis ausgezeichnet.

GSP Schönberg
„Sportverrückt“: Gemeinschaftsschule Probstei. © GSP Schönberg

Der Anspruch ist klar formuliert. „Wir versuchen, unsere Kinder jeden Tag zu bewegen“, garantiert Heiko Lükemann. Er ist Konrektor und Schulsportbeauftragter der Gemeinschaftsschule Probstei in Schönberg und man könnte sagen: „sportverrückt“. Als ehemaliger Fußballer und frischgebackener Autor des Buches „Fußballsucht“ weiß er um die Bedeutung von Bewegung und Gesundheit.

In der Offenen Ganztagsschule nahe Kiel und noch näher der Ostsee – im „schönsten Bundesland der Welt Schleswig-Holstein“, wie er betonen wird – findet er nicht nur offene Ohren für sein Faible, er findet Mitstreiter. Und das seit Jahrzehnten. In der Schulleitung, im Kollegium – einfach überall. Viele von ihnen treffen sich nicht nur in der Schule, viele engagieren sich im örtlichen TSV Schönberg, einem Verein mit 1.200 Mitgliedern und sage und schreibe 16 Sparten.

Seit Jahrzehnten kooperieren Schule und Verein intensiv. Der Lohn: Kürzlich landete das „Team“ bei der Wahl zum Deutschen Schulsportpreis, den der Deutsche Olympische Sportbund und die Deutsche Sportjugend seit 2003 vergeben, auf Platz drei.

Konkurrenzdenken gibt es nicht

Es spricht für den Geist der Schule, dass sie sich nicht mit dem Erreichten zufriedengibt. Mit einem kräftigen Augenzwinkern kommentiert Schulleiter Timo Hepp, der selbst im American Football und als Leichtathlet erfolgreich agierte, diese Bronzemedaille: „Mensch, da ist ja noch Luft nach oben.“ Ernsthaft fügt er hinzu: „Wir sind stolz auf unseren Sportschwerpunkt und wissen, dass viele Eltern und Kinder sich genau deswegen für unsere Schule entscheiden. Sport ist ein Schülerbringer.“ Und er weiß: „Ohne die vertrauensvolle und enge Kooperation mit dem TSV wäre so etwas undenkbar.“

Die TSV-Geschäftsstellenleiterin Stephanie Krause gibt das Kompliment gerne zurück. „Wir profitieren von der Zusammenarbeit enorm. Konkurrenzdenken gibt es nicht.“ Im Gegenteil. Sport-, Deutsch- und Weltkundelehrer Uli Schröder – natürlich Mitglied im TSV – hebt einen wichtigen Aspekt hervor:

„Diejenigen von uns, die die Schülerinnen und Schüler im Unterricht erleben, entdecken am Nachmittag plötzlich ganz andere Seiten an ihnen. Unser Verständnis für sie wächst.“ Verbunden ist das mit einer kleinen Herausforderung: „Morgens im Unterricht bin ich der Herr Schröder, nachmittags im Training auf dem Fußballplatz der Uli.“  

Erfolgsgeschichte mit Tradition

Lauftag
Breite und inklusive Förderung ... © GSP Schönberg

Die Erfolgsgeschichte hat eine lange Tradition. Bereits Anfang der 1980er Jahre teilten sich Schule und Verein die Stelle ihres Übungsleiters Jens Bobertz. Von Ganztags- oder Gemeinschaftsschule war da noch lange keine Rede. Von vermeintlich schlechten Mitgliederentwicklungen bei den Clubs durch längere Schultage für die Kinder auch nicht. Stück für Stück wuchs das Miteinander. Zahlreiche Lehrkräfte sind Mitglied im TSV und dort zum Teil selbst als Übungsleiterin oder -leiter aktiv. Umgekehrt unterstützen ehrenamtliche Trainerinnen und Trainer die Sportlehrkräfte.

Seit vier Jahren finanzieren Schule und Verein gemeinsam zwei junge Unterstützer, die ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten möchten. Die wechselseitige Teilnahme an Vorstandssit-zungen und Sportfachkonferenzen ist obligatorisch. Durch die enge Zusammenarbeit gelingt eine gezielte Talentförderung. Durchaus auch in (noch) weniger populären Sportarten: Marlene Klupsch besucht die 11. Klasse der Gemeinschaftsschule. Aktuell ist sie amtierende Landesmeisterin von Schleswig-Holstein im Dart und belegt bundesweit Platz drei bei den Frauen.

Doch der Blick dieser inklusiven Schule, die von sechs Förderlehrkräften unterstützt wird, richtet sich auf alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig vom Talent in einer bestimmten Sportart. Schülerinnen und Schüler mit Bewegungsdefiziten besuchen wöchentlich ein Fitnessstudio. Für hyperaktive Kinder wurde ein Bewegungsraum eingerichtet. Hier können sie unter Aufsicht auch „rangeln und raufen“. So wird der Sport zu einem positiven Element für die Entwicklung, wie Timo Hepp betont. „Die Schülerinnen und Schüler sind viel an der frischen Luft, erleben Teamarbeit und überwinden Grenzen, wenn sie beispielsweise an eine Sportart herangeführt werden, die sie nicht so mögen.“

Gemeinsamer Etat für Ganztagsschule und Verein

Turntag
„Sporthalle und Sportplätze gemeinsam nutzen“. © GSP Schönberg

Auch beim Geld hört die Liebe zwischen Schule und Verein nicht auf. Ein gemeinsamer Etat ermöglicht die Anschaffung zahlreicher Materialien, Klein- und Großgeräte. Sie werden am Vormittag von der Schule und am Nachmittag vom Verein genutzt. Wann und wofür investiert wird, wird zusammen beraten und entschieden.

„Das ist doch nur sinnvoll“, betonen Schul- und Vereinsleitung, „schließlich nutzen wir ja auch die Sporthalle und -plätze gemeinsam.“ Sportlehrer Uli Schröder ergänzt: „Es gibt andernorts Hallen mit einem Schrank voller Fußbälle für die Schule und einem mit Bällen für den Verein. Wie überflüssig. Bei uns liegen in einem Schrank Fußbälle, im zweiten beispielsweise Volleybälle. Das ist billiger und ermöglicht eine größere Vielfalt an Sportangeboten.“

Es gilt als selbstverständlich, dass die Schule die vom Verein gebaute Tribüne nutzt, und ebenso konsequent ist, dass die neue Sporthalle, die sich der Schulverband Probstei als Schulträger rund zehn Millionen Euro kosten lässt, vom Verein mitgenutzt werden wird. Schulleiter Timo Hepp und Geschäftsstellenleiterin Stephanie Krause gestehen schmunzelnd: „Natürlich sind wir uns über die nächste Investition nicht immer einig. Aber dann wird kräftig diskutiert und eine für alle akzeptable Lösung gefunden.“

„Wer sich bewegt, ist lebendig“

Moderne und „in Schuss“ gehaltene Sportanlagen sind eine Voraussetzung für all das, was die Schule ihren Schülerinnen und Schülern ermöglicht: Sportklassen mit täglichen Bewegungszeiten in den Jahrgängen 5 und 6, vierstündiger Wahlpflichtunterricht zuzüglich drei Stunden wöchentlicher Sportunterricht ab Jahrgang 7, Sport als „Sportprofil“ (einst Leistungsfach genannt) ab Klasse 11. Es gibt Bewegungsangebote in den Pausen und zahlreiche Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag.

Das sind immer noch nur einige der Angebote. Weiteres kommt hinzu: von der zertifizierten Leistungsschule des Fußballs über einen bewegungsfreundlichen Schulhof bis zu internationalen Schulpartnerschaften, Klassenfahrten und Ausflügen mit hohem Bewegungsanteil. Timo Hepp und sein Sportbeauftragter Heiko Lükemann bringen es auf den Punkt: „Wer sich bewegt ist lebendig.“

Horsing
Neue Trendsportart aus Finnland: Hobby Horsing. © GSP Schönberg

Dass Kinder und Jugendliche lebendig sein wollen, unterstreichen sie beim jährlichen Inlinerlauf. Er wird von Schule, Verein und Gemeinde organisiert. Und mehr als 2.000 junge Menschen aus Schönberg und der gesamten Region nutzen die Gelegenheit. Apropos Gelegenheit: Schule und Verein gehen mit der Zeit, bieten nicht nur traditionelle Sportarten an. Besonders hoch im Kurs steht insbesondere bei Mädchen aktuell der aus Finnland stammende Trendsport „Hobby Horsing“. Auf selbstgebastelten Steckenpferden mit im Textilunterricht entworfenen „Kostümen“ werden sie von einer dem Reitsport nahestehenden Lehrerin im „Dressur- und Springreiten“ fitgemacht.

„Kulturschule“ mit GRIPS und Berufswahlsiegel

Auch digital kann sich die Ausrüstung dieser Gemeinschaftsschule sehen lassen. Alle Schülerinnen und Schüler der Oberstufe erhalten ein Tablet mit Lernprogrammen und digitalen Schulbüchern. Obendrein haben Tablets sogar Einzug in den Sportunterricht gehalten. Auf ihnen stehen sportspezifische Programme und Apps zur Verfügung. Gegenseitig zeichnen die Schülerinnen und Schüler ihre Übungen auf, analysieren anschließend beispielsweise die Bewegungsabläufe und nutzen den optischen Einblick als Korrekturhilfe.

Sehr viel dreht sich um Bewegung. Doch das ist längst nicht alles, was die Gemeinschaftsschule Probstei zu bieten hat. Weitere Schwerpunkte sind zwei Musikprofilklassen, das Theater der Schule mit den Wahlpflichtkursen Schauspiel, Bühnenbild, Bühnentechnik, Theatermusik und Kostüme, der intensive Informatikunterricht in den Jahrgangsstufen 5 und 6, der Technikunterricht und die Verbraucherbildung, die die Kinder und Jugendlichen in vielen Facetten der Lebensführung stärkt. 2019 hat der Schulverband Probstei eine sechsstellige Summe für die Mensa der Gemeinschaftsschule investiert.

Jugend trainiert
Bundesfinale „Jugend trainiert für Olympia & Paralympics“ in Berlin. © GSP Schönberg

Zu nennen ist hier ebenso das Kinder- und Jugendhaus Schönberg in Trägerschaft des Schulverbands und der Gemeinde, das die offenen Ganztagsschulen mit Hausaufgabenbetreuung, Fördermaßnahmen und Arbeitsgemeinschaften unterstützt. Digital ist seit Kurzem die Schülerzeitung GRIPS, die 2018/2019 beim Schülerzeitungswettbewerb die „Nummer 1 im Land“ war. Auch sie begleitet den Sport an der Schule, etwa den Erfolg der Schulmannschaft beim Bundesfinale „Jugend trainiert für Olympia“, aber darüber hinaus auch Umweltthemen, die neue CD der Schulband oder Bewertungen von Online-Programmen und Youtube-Videos. Nicht zuletzt ist Corona ein Thema für die Schülerinnen und Schüler.

Ausgezeichnet als „Kulturschule“ des Landes Schleswig-Holstein und zertifiziert mit dem Berufswahlsiegel für ihre umfassende Berufsorientierung spiegelt sich in der Gemeinschaftsschule Probstei ein breites Bild gesellschaftlichen Lebens täglich in Unterricht und Ganztag wider. Für Timo Hepp, sein Kollegium und die Führung des TSV ist das eine Selbstverständlichkeit. Denn „wir sind eine Schule und ein Verein für alle. Folglich brauchen wir auch Angebote für alle.“

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